Das Marktumfeld präsentiert sich insgesamt weiterhin robust – trotz der erneuten Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China. Die Handelsgespräche verlaufen bisher enttäuschend. Dazu kamen Exportbeschränkungen für Seltene Erden seitens China, auf die US-Präsident Donald Trump mit der Androhung zusätzlicher, drastischer Zölle ab November reagierte. Die Marktteilnehmer ließen sich von dieser Rhetorik nicht nachhaltig beeindrucken, ihre Stimmung wurde nur vorübergehend getrübt. Der Grund: Viele Beobachter werten dies als Teil der gewohnten Verhandlungstaktik Trumps, mit der er sein Gegenüber zu Zugeständnissen bewegen will. Zudem wurde das für Ende Oktober im Rahmen des APEC-Gipfels geplante Treffen zwischen Trump und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping trotz der jüngsten Spannungen nicht abgesagt – ein Signal dafür, dass die US-Regierung das Tischtuch mit China offenbar nicht endgültig zerschneiden möchte. Die Sorgen über eine nachlassende Kreditqualität bei einzelnen US-Regionalbanken sorgten ebenfalls nur kurzzeitig für Verunsicherung. Nach anfänglichen Verlusten stabilisierte sich der entsprechende Branchenindex rasch wieder.
Die angelaufene Berichtssaison untermauert das konstruktive Investmentumfeld. Sie wird traditionell von den Finanzwerten eröffnet. Diese haben insgesamt solide Ergebnisse vermeldet und die Erwartungen, die diesmal höher lagen als in den Vorquartalen, übertroffen. Nahezu alle Subsegmente innerhalb der Branche meldeten starke Zahlen, insbesondere das Investmentbanking, das von der positiven Lage an den Aktienmärkten und dem anhaltenden KI-Boom profitierte. Der gute Auftakt der Berichtssaison nährt die Hoffnung, dass sich das gewohnte Muster auch in diesem Quartal zeigt: übertroffene Gewinnschätzungen sorgen zum Jahresende für neue Kauflaune an den Märkten.
Der KI-Boom ist in eine neue Phase eingetreten und trägt zunehmend spekulative Züge. Immer stärker zeigt sich in der Branche eine Form des „Financial Engineering“: Unternehmen nutzen ihre hohen Börsenbewertungen, um Beteiligungen an anderen Firmen einzugehen, die wiederum Aufträge innerhalb desselben Netzwerks vergeben. Auf diese Weise wird immaterielles „Wall-Street-Kapital“ – die hohen Bewertungen – in reale wirtschaftliche Prozesse übersetzt. Die positive Gewinndynamik wird dadurch zusätzlich künstlich befeuert und verlängert – und mit ihr der KI-Boom selbst.
Diese zunehmende Verflechtung stärkt die Marktmacht der US-Tech-Giganten, erinnert zugleich aber an ein ökonomisches Perpetuum mobile – das nur funktioniert, solange die Marktakteure an den KI-Boom glauben und die Bewertungen hoch bleiben. Noch dreht sich das Rad weiter, auch gestützt durch die hohe Profitabilität der großen Technologieunternehmen in ihrem Kerngeschäft. Doch die Fallhöhe wächst – und mit ihr das Risiko deutlicher Korrekturen, sobald erste ernsthafte Zweifel an der KI-Entwicklung aufkommen. Kurzfristig ist dieses Risikoszenario zwar wenig wahrscheinlich, dafür ist das Investmentumfeld aktuell zu konstruktiv. 2026 und in den Folgejahren sollten professionelle Investoren es jedoch im Blick behalten.